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Sonntag, 11. Oktober 2015

ca. 30% aller Flüchtlinge benötigen medizinische Nothilfe - bisher: 1.500 Hilfeleistungen

Nach Angaben des Betreibers haben mittlerweile etwa 4.500 Menschen die Notunterkunft im Olympiapark mit seinen maximal 1.000 Betten passiert. Es handelt sich um eine große Flüchtlingsdrehscheibe.
Die von Anfang an durch freiwillige ÄrztInnen, ZahnärztInnen, Pfleger, Krankenschwestern, Kinderkrankenschwestern, OpSchwestern und anderen Fachbereichen organisierte medizinische Notversorgung wurde, in guter deutscher Manier, möglichst von Anfang an vollständig erfasst und dokumentiert. Hierzu wurde pro Arzt/Patientenkontakt ein Dokumentationsbogen angelegt und ordentlich buchhalterisch abgeheftet. Auf diese Weise konnten wir bereits mehrfach, und das auch nach vielen Tagen, das Geschehen "entchaotisieren", zB bei Verschlimmerungen und Wiedervorstellungen, und ordentlich nachvollziehen; genau so, wie in einer guten Klinikambulanz, einer Arztpraxis oder einem Sanitätsbereich der Armee bei der übenden Truppe.
Gestern nun haben wir eine etwas tiefe gehende Erstanalyse der umfangreichen Dokumentation vorgenommen. Demnach haben etwa 30 % jener 4.500 Menschen, also ca 1.500 Menschen um ärztliche bzw. zahnärztliche Hilfe im "medicalPoint" im Betonbunker nachgesucht und diese dort auch erhalten, soweit wir nicht an unsere Grenzen kamen. Dann griff und greift eine sehr gute und verständnisvolle Zusammenarbeit, bisweilen auch sehr unbürokratisch - das kann nicht hoch genug eingeschätzt werden in dieser Lage (!)- mit einer großen und bekannten Klinik in Rufweite, also im Westend.
Diese Zahlen, die binnen 4 Wochen vorzuweisen sind, sind beeindruckend, denn alles wurde dort wirklich völlig aus dem Nichts heraus organisiert, ja beinahe "gezaubert".
Wurde ärztliche/zahnärztliche/medizinische Hilfe zunächst ausschliesslich von freiwilligen Kolleginnen und Kollegen, sowie professionellen Kräften aus Rettungsstellen, Kinderkliniken und OP's getragen, so hilft uns nun, jeweils von MO-FR, stundenweise ein weiterer großer Klinikträger mit regelmässig, nur für diese Aufgabe abgestelltem, ärztlichem -und demnächst auch organisatorischem- Personal diese echte Riesenaufgabe zu bewältigen. - Wir haben hier den Eindruck, dass es jetzt erst richtig losgeht.
Lebensfähige Strukturen hat ausschliesslich freiwilliges Engagement geschaffen. Der Staat hielt sich äusserst bedeckt - und: das ist noch sehr sehr diplomatisch fornuliert. - Um die Überlebensfähigkeit zu gewährleisten, sind nun ergänzende, strukturelle Voraussetzungen, im Interesse der geschundenen Menschen, geschaffen worden. Dafür sind wir sehr dankbar - wenngleich die beteiligten Behörden sich weiterhin im Krisenmodus und überwiegend auf Tauchstation befinden. Natürlich werden in div. Stäben grundlegene Konzepte erarbeitet. Das ehrenamtliche Engagement bleibt -selbstredend- darüber hinaus gefagt, erhalten und erforderlich! Dieses dictum bleibt unveränderlich bestehen! Der hochengagierte Einsatz all dieser Kräfte und die wirklich reibungslose, hochprofessionelle Zusammenarbeit vor Ort sind beeindruckend.
Übrigens: Auch wenn es im Stress der nahezu stündlich neu erfundenen Selbstorganisation naturgemäß zunächst untergeht: die geflüchteten Menschen hier nehmen, und das zu Hunderten, sehr wohl ganz genau wahr, was hier alles für sie medizinisch geleistet wird. - Dies wird insbesondere in Gesprächen, in einer ruhigen Minute mit dem Wachschutz geführt, überdeutlich und sehr schnell völlig klar. "Wenn alles einmal besser ist, dann....." so enden derzeit viele Unterhaltungen mit der hier ganz besonderen Security, denn die Security spricht Farsi, Arab, Türkisch, Paschtu, Dari und damit all jene Sprachen, die dem durchschnittlich deutschen Arzt nicht ohne weiteres verständlich sind, es sei denn, er ist Landsmann. Und davon haben wir hier auch einige, die sich ihrem jeweiligen Ursprungsvolk noch verantwortlich fühlen. - Auch das baut auf!

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