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Mittwoch, 2. Dezember 2015

"It's a mess": Medizinische Versorgung und sanitäre, hygienische Situation in den Notunterkünften für Flüchtlinge

Wie sich Bürokraten um ihre Verantwortung reden. Ein Musterbeispiel:

http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Antwort_Klotz_BA_TS.pdf

Große Anfrage

Medizinische  Versorgung  und  sanitäre,  hygienische  Situation  in den Notunterkünften für Flüchtlinge


1.  Wie viele Flüchtlinge sind  derzeit  in  welchen  Einrichtungen  im  Bezirk untergebracht?

Mit Stand vom 13.11.2015 befinden sich in Tempelhof-Schöneberg 3 Gemeinschaftsunterkünfte (Marienfelder Allee 66-80, Trachenbergring 71-83 und Kirchhainer Damm 74) mit insgesamt 1.141 Plätzen.
Weitere 3.836 Plätze stehen in 5 Notunterkünften zur Verfügung. Diese befinden sich in den ehemaligen Teske-Schule, der Colditzstr. 32, der Großbeerenstr. 34, im  Hotel  President  An  der  Urania  und  in  den  Hangars  1, 3  und 4 am  Flughafen Tempelhof.

Darüber hinaus werden  Flüchtlinge in Hotels, Hostels und Pensionen untergebracht. Zahlen hierzu liegen dem Bezirk nicht vor. Auch für unbegleitete minderjährige  Ausländer  gibt es  Einrichtungen  im  Bezirk über  die  zum  Schutz  ihrer  Bewohner_innen  keine  weiteren  Angaben  gemacht werden.

2. Wie   schätzt  das  Bezirksamt die medizinische Versorgung in den Notunterkünften (insbesondere  in  den  Flughafen-Hangars)  ein,  was  leistet das Bezirksamt diesbezüglich und wie werden diese Leistungen finanziert? 
und
3. Gibt es eine medizinische Versorgung auch für nicht registrierte Flüchtlinge in den Notunterkünften und wer behandelt diese?

Es  gibt  kein  Konzept der Senatsverwaltung zur medizinischen Versorgung der Flüchtlinge.  Ein  medizinischer Erstcheck fehlt in Berlin. Registrierte Flüchtlinge erhalten den  Behandlungsschein oft erst zeitlich verzögert, nach der Registrierung. 
Aufgrund  der  Barrieren und unterschiedlichen Erfahrungen der Flüchtlinge in ihren Herkunftsländern, insbesondere der Sprachbarrieren ist es sehr problematisch eine ärztliche Versorgung für Flüchtlinge auch mit Behandlungsschein im Regelsystem zu realisieren. Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst führt die Zuzugsuntersuchungen der  schulpflichtigen Kinder durch, betreut eine Einrichtung mit unbegleiteten Jugendlichen im Rahmen einer  Sprechstunde  und  ein  Einsatz  von  Familienhebammen ist geplant. Die Sozialarbeiter_innen des Gesundheitsamtes werden sehr oft kontaktiert, um eine Lotsenfunktion   zu   übernehmen. Diese   Arbeit ist   nur   durch   das   große Engagement der Mitarbeiter_innen und eine Verlängerung der  Untersuchungszeiten für die Einschulungsuntersuchungen möglich. Insbesondere  die   langen  Wartezeiten   bis   zur  Registrierung der Flüchtlinge verhindern den Zugang ins gesundheitliche Regelsystem.
Die  räumlichen  Ausstattungen  entsprechen  in  den  Notunterkünften  nie  den  vom LAGeSo festgelegten Qualitätsanforderungen, insbesondere Räume für medizinische Untersuchungen oder  Impfungen werden nicht vorgehalten und auch nicht entsprechend ausgerüstet. Nur unter Einflussnahme des Gesundheitsamtes werden entsprechende Räume    bereitgestellt.    An    den Flughafenhangars    hat    der    Betreiber für den Erstcheck einen privaten medizinischen   Dienst   beauftragt. Dieser ist mit einem Arzt und einem Rettungssanitäter besetzt und an ein  Krankentransportunternehmen  gekoppelt 
Von dort werden  Flüchtlinge  mit  Symptomen,  egal  welcher  Art  und  welcher Intensität  in  Rettungsstellen  der  Berliner  Krankenhäuser  transportiert  und  in  den meisten Fällen wieder zurück. Es finden keine Verordnungen oder Behandlungen oder einfache diagnostische Maßnahmen vor Ort an den Hangars statt. 

Aufgrund der starken Belegung konnten angedachte Raumkonzepte zur Absonderung von ansteckenden  Patient_innen   nicht   umgesetzt   werden. Die  prekäre   Situation bezüglich  der sanitären  Anlagen  und  fehlenden  Duschen vor Ort  haben  die Ausbreitung  von  Erkrankungen  in  den  Hangars  begünstigt.  Inzwischen  wurden zumindest zusätzliche WCs angeschafft, aber durch die weitere Belegung werden immer  wieder  Lücken  gerissen. Möglichkeiten zum  Händewaschen  bestehen so gut  wie  keine.  Das  Gesundheitsamt  hat  vom  ersten  Tag  der  Belegung  eng  mit dem  MedPoint  zusammengearbeitet  und  bezüglich  des Infektionsschutzes  und der  Optimierung  des Raumkonzeptes unterstützt. Die Mitarbeiter_innen  sind fast täglich  auf  dem Gelände, um Isolierungen und Maßnahmen im Infektionsschutz umzusetzen  bzw.  die  schwierige Trinkwassersituation zu überwachen.  Völlig ungeklärt  ist  die  Versorgung  der  Flüchtlinge  mit  Medikamenten,  die  in  den Berliner  Rettungsstellen  in  die  sie  gefahren  werden,  von  den  Ärzten  dort  auf Privatrezept  verordnet  werden.  Diese  Rezepte  müssen  in  Apotheken  eingelöst und direkt bezahlt  werden.  Dafür   hat   die   Senatsverwaltung   ebenfalls   kein Konzept. Nach heutigem Informationsstand geht der Betreiber jetzt in finanzielle Vorleistung und gibt die Medikamente aus. Um zu verhindern, dass,  wie  geschehen,  nachts Flüchtlinge, mit  Symptomen für Krätze  in die Rettungsstellen gefahren werden, hat das Gesundheitsamt Krätzebehandlungsmittel und Kopflausbehandlungsmittel abgegeben   und   die notwendigen  Maßnahmen  eingeleitet.  Auch  hier  fehlte  bisher  die  notwendige Finanzierungsmöglichkeit.  Jetzt  ist  dafür  die  Basiskorrektur in  Aussicht  gestellt worden. Behandlungsoptionen vor Ort sind grundsätzlich notwendig.

In  den  3  Einrichtungen  in  der  Colditzstr,  Großbeerenstr,  und  der  ehemaligen Teske-Schule hat    u.a.     das     Gesundheitsamt     eine    Sprechstunde    mit ehrenamtlichen  Ärzten  und  medizinischen  Fachangestellten  organisiert.  Die  dort verordneten  notwendigen  Medikamente  werden  über  eine  Stiftung  finanziert. Dieses   Modell   ist   für   eine   so   große   Einrichtung   wie   die   Hangars   nicht ausreichend.  Das  Bezirksamt  setzt  sich  intensiv  für  eine  Kooperation  mit  den regionalen Krankenhäusern ein.  Bereits am 23.08.2015 und damit weit vor Inbetriebnahme der Flughafenhangarsals Notunterkunft gab es eine erste Begehung. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde auf  die  Notwendigkeit  einer  medizinischen  Versorgung  vor  Ort  hingewiesen, idealerweise,  wie  in  allen  übrigen  Großeinrichtungen  durch eine Kooperation mit
einem     oder     mehreren     Krankenhäusern,     die     durch     die     zuständige Senatsverwaltung abzuschließen ist.  Da  Anfang  November noch  immer  keine  ausreichende medizinische  Versorgun existierte,    ist    am    03.11.2015    ein    Brandbrief    des    Bezirks    an    den Gesundheitssenator gegangen, in dem die seit Monaten thematisieren Probleme nochmals  benannt  wurden.  Außerdem  wurde  ein  aus  Sicht  der  Amtsärztin erforderliches  Konzept  zur  medizinischen  Mindestversorgung  und  ein  sofortiges Krisengespräch gefordert. Die in dem Krisengespräch beim Gesundheitssenator am 04.11.2015 zugesagten Mindestanforderungen  sind  zum  größten  Teil  mit  demheutigen  Tag  immer  noch nicht umgesetzt.

4.  Wie   ist   die   Ausstattung   mit   Sanitäranlagen   bzw.der   Zustand   der Sanitäranlagen in den Notunterkünften zu bewerten? 

In den Hangars hat sich die Situation nach anfänglicher völlig desolater Situation (20 WCs für 850 Flüchtlinge) inzwischen verbessert. Eine Quote von 1 WC auf 15 Personen  ist  gerade  noch  akzeptabel und  ist  erfüllt.  Es  gibt  überwiegend  Dixi-WCs  ohne  Handwaschmöglichkeit,  die  auf  dem  Vorfeld stehen.  Nur  einzelne Handwaschplätze  gibt  es  mit  warmem  Wasser.  Durch  regelmäßige Reinigung stehen im Regelfall alle Dixie-Toiletten zur Verfügung. Duschen fehlen  fast völlig. Flüchtlinge  werden  mit  Bussen  in  umliegende  Schwimmhallen  gefahren.  [Anm.: Ergänzung: Einmal alle 3 Wochen (d.Blogger)] Bzw.greift  jetzt  eine  trägerseitige  Notlösung  mit  Duschzeiten  im  Tempelhofer  Weg. Auch  in  den  anderen  Notunterkünften  werden  die  Qualitätsanforderungen  für Sanitärobjekte des LaGeSo in der Regel deutlich unterschritten.

5.  Ist   die   Gesundheit   der   Menschen   in   den   Notunterkünften   aufgrund schlechter Hygienebedingungen    (fehlende    Duschen    und WCs    etc.)gefährdet?

Die desolate Ausstattung mit Sanitärobjekten (insbesondere  aktuell Handwaschmöglichkeiten, Duschen), die    Unterbringungssituation und die fehlenden ärztlichen Behandlungsmöglichkeiten vor Ort, erlauben in den Hangars keinen effektiven Infektionsschutz  und begünstigen eine Weiterverbreitung von Krankheitserregern innerhalb der Einrichtung, aber auch durch das Transportieren der Erkrankten in andere Rettungsstellen, in das Umfeld.  Auch in den anderen Notunterkünften fehlen insbesondere Duschen und Handwaschmöglichkeiten. Es treten  verschiedene  Erkrankungen, die vorrangig durch  Schmierinfektion übertragen werden, auf. Diese wären durch eine entsprechende hygienische und sanitäre   Ausstattung   vermeidbar   und   durch   eine   medizinische Versorgung einzudämmen.  Die  medizinische  Versorgung  ist  durch den  Erstcheck,  den  der Betreiber organisiert hat, nicht ausreichend. 
Zuständig für die medizinische Grundversorgung der nicht registrierten Flüchtlinge ist allerdings weder der Betreiber der Einrichtung noch das bezirkliche Gesundheitsamt, sondern das LAGESO.  

6.  Welche  Ergebnisse  haben  bisherige  Prüfungen  ergeben  und  wie  bewertet das Bezirksamt diese Ergebnisse? 
Das  Gesundheitsamt  ist  regelmäßig  in  den  Einrichtungen  präsent.  Es  werden insbesondere zu Fragen des   Trinkwassers   sehr   differenzierte   Maßnahmeempfehlungen  gegeben,  um  auch vor dem Vorliegen von Messergebnissen möglichst eine Belegung der Einrichtung vertretbar zu  machen. Die regulären Untersuchungen  werden  nachgeholt  und  sind  i.d.R. in Ordnung. Je nach Träger sind die Umsetzungen  der  Forderungen  zügig und professionell.  Es  gibt  aber auch Einrichtungen in denen sehr intensiv geprüft und überwacht werden muss. Grundsätzlich   kann   das   Gesundheitsamt   Untersuchungen,   Isolationen   und bestimmte  Maßnahmen  anordnen,  wie  z.B.  eine  Desinfektion.  Die  Einrichtung kann  auch  für  die  Aufnahme  und  Verteilung  von  Flüchtlingen  gesperrt  werden (Quarantäne). Alle möglichen   Maßnahmen   werden täglich abgewogen und differenziert eingesetzt


Dr. Sibyll Klotz, Stadträtin 





http://bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=1763

Klotz, Sibyll-Anka

* 4.3.1961
Politikerin, Bündnis 90 / Die Grünen

Biographische Angaben aus dem Handbuch „Wer war wer in der DDR?“:

Geb. in Berlin; Vater Chemiker; Mutter Gastronomin; 1967 – 75 POS, 1975 – 79 EOS in Strausberg, Abitur; 1975 – 83 FDJ; 1979 – 84 Studium der Philos. an der HU Berlin; 1983 – 89 SED; 1984 – 90 wiss. Mitarb. an der Charité in Berlin; 1989 Gründungsmitgl. des UFV; 1990 Prom. zum Dr. phil. an der HU mit einer Arbeit zu August Bebels »Die Frau u. der Sozialismus«.
Jan. 1991 – 2006 Mitgl. des Berliner Abg.-Hauses (anfangs für den UFV); 1997 Mitgründerin der Berliner Initiative »Europa ohne Rassismus«; 1992, 1995 – 97 u. Juni 2000 – Okt. 2006 Vors. (Nachf. von Renate Künast), 1993 – 95 u. Jan. 1998 – Nov. 1999 stellv. Vors. der Frakt. Bündnis 90 / Die Grünen; seit 1995 Mitgl. der Partei Bündnis 90 / Die Grünen; arbeitsmarkt- und frauenpolitische Sprecherin; 2001 Spitzenkand. von Bündnis 90/Die Grünen für das Berliner Abg.-Haus; 2004/05 Vors. der Enquetekommission »Eine Zukunft für Berlin«; seit. Nov. 2006 Stadträtin für Gesundheit u. Soziales im Berliner Stadtbez. Tempelhof-Schöneberg; Gründungsmitgl. der Fraueninitiative »Berlin – Stadt der Frauen«; Beirat der Stiftung Berliner Tafel; lebt in Berlin-Kreuzberg.


https://de.wikipedia.org/wiki/Sibyll-Anka_Klotz
Sibyll-Anka Klotz (* 4. März 1961 in Berlin) ist eine deutsche Politikerin der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Seit November 2006 ist sie Stadträtin für Gesundheit und Soziales im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, seit 2011 für Gesundheit, Soziales und Stadtentwicklung. Zuvor war sie zwischen 1991 und 2006 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin.
Sibyll-Anka Klotz wuchs im Ostteil Berlins auf. Sie studierte an der Humboldt-Universität zu Berlin Philosophie und promovierte in dem Fach. Derzeit lebt sie mit ihrer Tochter und ihrer Lebensgefährtin in Berlin.
Klotz war von 1983 bis 1989 Mitglied in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). 1990 war sie an der Gründung des Unabhängigen Frauenverbandes (UFV) als Partei der Wendezeit in der DDR beteiligt. Seit 1995 ist Klotz Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Sie war 1991 bis 2006 Abgeordnete im Abgeordnetenhaus zu Berlin und wurde 2006 Stadträtin.
Klotz wurde 1990 erstmals für den UFV in das Abgeordnetenhaus gewählt, der mit Bündnis 90 und den Grünen eine Fraktionsgemeinschaft bildete. 1995 und 2001 war sie bei den Berliner Landtagswahlen Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen. Im Abgeordnetenhaus war Klotz 1993 bis 1995, 1997 und von November 1999 bis Oktober 2006 Fraktionsvorsitzende ihrer Fraktion, von Januar 1998 bis November 1999 stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Daneben war sie arbeitsmarkt- und frauenpolitische Sprecherin der Fraktion.2001 war sie an den Verhandlungen zur Bildung eines rot/grünen Übergangssenates (Senat Wowereit I) und nach den Neuwahlen an Verhandlungen zur Bildung einer Ampelkoalition in Berlin beteiligt.

 











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