Die Bedingungen dort seien derart, dass
sie "eine gesittete Nation nicht ohne Erröten betrachten" könne.
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Flüchtlingschaos in Berlin Die schlechteste Behörde Deutschlands
Das Berliner Lageso steht in der Flüchtlingskrise
für totales Versagen. Jetzt ist Amtsleiter Franz Allert zurückgetreten.
Ein überfälliger Schritt.
Der SPD-Vorstand hat für den an diesem Donnerstag
beginnenden Parteitag einen respektablen 19-seitigen Antrag zur
Flüchtlingspolitik formuliert: Darin steht viel Kluges, viel Bemerkens-
und Bedenkenswertes. Wenn dieser Antrag nicht nur Papier bliebe, sondern
Leitlinie würde für die deutsche Einwanderungs-, Migrations- und
Integrationspolitik: Man könnte zuversichtlich in die Zukunft schauen.
Aber die Praxis der Bundesregierung unter Angela Merkel und Sigmar
Gabriel ist von den Leitlinien des SPD-Papiers weit entfernt. So viel
zum Bund.
Wenn es um das Bundesland Berlin geht, um die
Flüchtlingspolitik in der Hauptstadt also, dann ist es noch viel
schlimmer. Die Entfernung zwischen dem schönen SPD-Papier und der
Realität in Berlin lässt sich nur in Lichtjahren messen. Die Realität in
Berlin heißt Lageso; das ist das Kürzel für das "Landesamt für
Gesundheit und Soziales". Es steht seit Monaten für ein totales
Behördenversagen. Die Behörde dieses Namens soll die Flüchtlinge betreuen; sie ist nicht einmal in der Lage, sie zu registrieren.
So sieht abschreckende Flüchtlingspolitik aus
Das Ordnungssystem dieser Behörde ist das Chaos. Die unbearbeiteten
Fälle dort stapeln sich in gelben Postkisten, die ohne System und
Verstand irgendwo gelagert werden. Es gibt in diesem Amt, so erzählen es
willige Mitarbeiter, den Job des Aktensuchers; diese Leute sind nur
damit befasst, Akten zu suchen. Und draußen vor der Tür warten Tag für
Tag vom frühesten Morgen an Männer, Frauen und Kinder, die, oft genug
vergeblich, um die Dienste des Amtes betteln. Berlin wird gern als coole
Stadt beschrieben; aber das hier ist nicht cool, sondern nur unwürdig.
Der Historiker Cordon Craig zitiert in seiner "Deutschen Geschichte von 1866 bis 1945" den Historiker Treitschke, der über die Zustände im Mecklenburg des ausgehenden 19.
Jahrhunderts geschrieben hat: Die Bedingungen dort seien derart, dass
sie "eine gesittete Nation nicht ohne Erröten betrachten" könne. Das
gilt heute für Berlin: Das Lageso ist wohl die schlechteste
Verwaltungsbehörde Deutschlands. Verantwortlich dafür ist nicht nur der
Sozialsenator Mario Czaja von der CDU; verantwortlich ist der Regierende
Bürgermeister Michael Müller von der SPD, verantwortlich ist der
gesamte rot-schwarze Senat.
Nun ist wenigstens Lageso-Präsident Franz Allert zurückgetreten.
Müller hatte zuvor auf dessen Entlassung gedrängt, sich aber viel zu
viel Zeit gelassen. Das hat dem Ansehen Berlins geschadet. Zuletzt hatte
Allert angekündigt, über Weihnachten keine Flüchtlinge zu registrieren.
Wer in der Praxis studieren wollte, wie abschreckende
Flüchtlingspolitik aussieht, der musste sich nur im Lageso umschauen.
Was dort zu sehen war, war sicher nicht das Ergebnis böser Planung, wohl
aber das von Unfähigkeit. Bürgermeister Müller wird gewiss leugnen,
dass man in seiner Stadt Flüchtlinge abschrecken wolle; er redet ja gut
über sie, er wird gewiss auch für den Antrag seines
Parteivorstands stimmen.
In diesem Antrag ist von einer "Verantwortungsgemeinschaft" die
Rede; es müsse allen die Hand gereicht werden, "die mit Herz und dem
notwendigen Sinn für die Realität" Flüchtlingsarbeit machen. In Berlin
reicht es aber nicht mehr, die Hand zu reichen. Dort fehlte es der
Regierung und Verwaltung bisher an Herz und Hirn, es fehlte an der
Beachtung der Grundregeln der Bürokratie, es fehlte daran, dass jemand
dem Flüchtlingsamt das Phlegma und den stoischen Schlendrian austreibt.
Vierzig Rechtsanwälte haben gegen den CDU-Sozialsenator und dessen
Lageso-Amtsleiter Anzeige wegen Körperverletzung und Nötigung im Amt
eingereicht. Das war ein Hilferuf. Michael Müller hat ihn nun gehört.
Der Regierende Bürgermeister hat reagiert - immerhin.
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