Überall in Deutschland gibt es Nöte in der Flüchtlingskrise - in
Berlin ist die Lage besonders angespannt. Die Behörden bekommen das
Chaos nicht in den Griff, die Große Koalition in der Hauptstadt steht
kurz vor dem Zerfall.
Die erste Anlaufstelle für Flüchtlinge in Berlin, das Landesamt für
Gesundheit und Soziales (Lageso), macht seit Monaten
Negativ-Schlagzeilen: Der kleine Junge Mohamed, der auf dem Gelände entführt und später ermordet wurde,
Sicherheitsleute, die Flüchtlinge prügeln oder mit Nazi-Sprüchen gegen
sie hetzen, Asylbewerber, darunter schwangere Frauen und kleine Kinder,
die nächte- und tagelang im Freien warten, um endlich zu einem
Behördenmitarbeiter vorgelassen zu werden. Manche meinen, es sei nur den
vielen Ehrenamtlichen zu verdanken, dass die Stimmung nicht vollends
kippt - und dass es nicht bereits erste Kältetote gab.
Selbst die "New York Times" hat jüngst über die Zustände am Lageso berichtet, die Situation als "geradezu gefährlich" beschrieben. Grünen-Politikerin Claudia Roth schickte nach einem Besuch beim Lageso einen Brandbrief an Berlins Oberbürgermeister Michael Müller (SPD).
Beim Lageso selbst sieht man die Lage natürlich anders: Die
Erstregistrierung der Flüchtlinge werde inzwischen innerhalb eines Tages
vollzogen. Schwangere und kleine Kinder müssten nicht mehr anstehen. Es
sei längst kommuniziert worden, dass es ausreiche, wenn der
Haushaltsvorstand zum Termin mit dem Amt erscheine, heißt es.
Die Verantwortung wird gerne abgeschoben: Flüchtlinge würden eben
immer noch Gerüchten glauben. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) gibt dem
Bund eine Mitschuld für die Warteschlagen am Lageso, weil der festgelegt
hat, dass Taschengeld nicht mehr Monate im Voraus ausgezahlt werden
darf.
Inzwischen hat - nach vielen Monaten unhaltbarer Zustände - der
Berliner Senat reagiert. Es soll eine neue Flüchtlingsbehörde geschaffen
werden. Wie mitten in der Krise der Neuaufbau organisiert werden soll
und was dann besser laufen soll, ist ungewiss. Bis das neue Amt
funktionstüchtig ist, wird es Monate dauern.
Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.
Es kommen derzeit deutlich weniger Flüchtlinge nach Deutschland - aber Berlin spürt von dem Rückgang nicht viel. 589 neue Asylsuchende trafen etwa an diesem Dienstag ein.
Die Bundeshauptstadt ist in der Flüchtlingskrise seit Monaten am Limit -
so wie viele andere Länder und Städte auch. Doch in Berlin, diesen
Eindruck muss man unweigerlich haben, ist das Chaos besonders groß.
Statt an einem Strang zu ziehen, ist die regierende Große Koalition
zerrüttet. Auch unter den Verwaltungsebenen gibt es Streit: Bezirke und
Senat schieben sich die Schuld gegenseitig für das Versagen in der
Flüchtlingskrise zu. Es hakt an allen Ecken und Enden.
Selbst die "New York Times" hat jüngst über die Zustände am Lageso berichtet, die Situation als "geradezu gefährlich" beschrieben. Grünen-Politikerin Claudia Roth schickte nach einem Besuch beim Lageso einen Brandbrief an Berlins Oberbürgermeister Michael Müller (SPD). Beim Lageso selbst sieht man die Lage natürlich anders: Die Erstregistrierung der Flüchtlinge werde inzwischen innerhalb eines Tages vollzogen. Schwangere und kleine Kinder müssten nicht mehr anstehen. Es sei längst kommuniziert worden, dass es ausreiche, wenn der Haushaltsvorstand zum Termin mit dem Amt erscheine, heißt es.
Die Verantwortung wird gerne abgeschoben: Flüchtlinge würden eben immer noch Gerüchten glauben. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) gibt dem Bund eine Mitschuld für die Warteschlagen am Lageso, weil der festgelegt hat, dass Taschengeld nicht mehr Monate im Voraus ausgezahlt werden darf.
Inzwischen hat - nach vielen Monaten unhaltbarer Zustände - der Berliner Senat reagiert. Es soll eine neue Flüchtlingsbehörde geschaffen werden. Wie mitten in der Krise der Neuaufbau organisiert werden soll und was dann besser laufen soll, ist ungewiss. Bis das neue Amt funktionstüchtig ist, wird es Monate dauern.
Auch der Betreiber "Tamaja" der Tempelhofer Unterkunft äußert scharfe Kritik an den Behörden. "Ursprünglich ging es darum, Flüchtlinge vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, sie sollten nicht länger als zwei Wochen bleiben", sagt eine Sprecherin. Viele Flüchtlinge müssen aber deutlich länger bleiben.
In weiteren Hangars in Tempelhof sollen noch mehr Flüchtlinge einziehen, bis zu 5000 - und auch andere Massenunterkünfte sind geplant. Die Opposition unterstellt der Regierung fehlenden Willen bei der Suche nach Alternativen: Es gebe seit Langem eine Liste geeigneter kleinerer, leerstehender Gebäude.
Wie absurd es im konkreten Fall laufen kann, zeigt das Beispiel Steglitz-Zehlendorf: Laut "Berliner Morgenpost" benannte der Bezirk jüngst zwei weitere Sporthallen. Schon einen Tag später wurden dort die ersten Flüchtlinge vorgefahren - aber in der Halle gab es weder Möbel noch einen Betreiber oder Sicherheitsdienst. Die Folge: Die Flüchtlinge mussten wieder abgeholt werden.
65.000 Flüchtlinge hat das Land Berlin in diesem Jahr aufgenommen, aber
es gibt nur rund 35.000 Unterbringungsplätze. Wo ist der Rest der
Flüchtlinge geblieben? Eine Erklärung dafür hat - auch bei den Behörden -
niemand so richtig. Manche mögen schon in regulären Wohnungen leben,
und die Diskrepanz könne an Doppelt- und Dreifachregistrierungen liegen
oder daran, dass viele Flüchtlinge weiterreisen oder privat
untergebracht worden sind, heißt es. Unklar ist, wie viele Flüchtlinge
ohne Obdach sind.
Zuletzt fand die Auseinandersetzung einen grotesken Höhepunkt in einer "Spitzelaffäre". Senatssprecherin Daniela Augenstein (SPD) entsandte einen Mitarbeiter, um zu protokollieren, was CDU-Mann Czaja auf einer Diskussionsveranstaltung zur Flüchtlingspolitik sagt - dokumentiert wurde auch, welche Kleidung Czaja an diesem Tag trug. Erwähnt wurde etwa der Schlips ("gedeckt") und der Anzug ("dunkelblau").
Es kommen derzeit deutlich weniger Flüchtlinge nach Deutschland - aber Berlin spürt von dem Rückgang nicht viel. 589 neue Asylsuchende trafen etwa an diesem Dienstag ein.
- Chaos am Lageso
Selbst die "New York Times" hat jüngst über die Zustände am Lageso berichtet, die Situation als "geradezu gefährlich" beschrieben. Grünen-Politikerin Claudia Roth schickte nach einem Besuch beim Lageso einen Brandbrief an Berlins Oberbürgermeister Michael Müller (SPD). Beim Lageso selbst sieht man die Lage natürlich anders: Die Erstregistrierung der Flüchtlinge werde inzwischen innerhalb eines Tages vollzogen. Schwangere und kleine Kinder müssten nicht mehr anstehen. Es sei längst kommuniziert worden, dass es ausreiche, wenn der Haushaltsvorstand zum Termin mit dem Amt erscheine, heißt es.
Die Verantwortung wird gerne abgeschoben: Flüchtlinge würden eben immer noch Gerüchten glauben. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) gibt dem Bund eine Mitschuld für die Warteschlagen am Lageso, weil der festgelegt hat, dass Taschengeld nicht mehr Monate im Voraus ausgezahlt werden darf.
Inzwischen hat - nach vielen Monaten unhaltbarer Zustände - der Berliner Senat reagiert. Es soll eine neue Flüchtlingsbehörde geschaffen werden. Wie mitten in der Krise der Neuaufbau organisiert werden soll und was dann besser laufen soll, ist ungewiss. Bis das neue Amt funktionstüchtig ist, wird es Monate dauern.
- Streit um Massenunterkünfte
Auch der Betreiber "Tamaja" der Tempelhofer Unterkunft äußert scharfe Kritik an den Behörden. "Ursprünglich ging es darum, Flüchtlinge vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, sie sollten nicht länger als zwei Wochen bleiben", sagt eine Sprecherin. Viele Flüchtlinge müssen aber deutlich länger bleiben.
In weiteren Hangars in Tempelhof sollen noch mehr Flüchtlinge einziehen, bis zu 5000 - und auch andere Massenunterkünfte sind geplant. Die Opposition unterstellt der Regierung fehlenden Willen bei der Suche nach Alternativen: Es gebe seit Langem eine Liste geeigneter kleinerer, leerstehender Gebäude.
- Ärger um Turnhallen
Wie absurd es im konkreten Fall laufen kann, zeigt das Beispiel Steglitz-Zehlendorf: Laut "Berliner Morgenpost" benannte der Bezirk jüngst zwei weitere Sporthallen. Schon einen Tag später wurden dort die ersten Flüchtlinge vorgefahren - aber in der Halle gab es weder Möbel noch einen Betreiber oder Sicherheitsdienst. Die Folge: Die Flüchtlinge mussten wieder abgeholt werden.
- Der fehlende Überblick
- Zoff in der Regierung
Zuletzt fand die Auseinandersetzung einen grotesken Höhepunkt in einer "Spitzelaffäre". Senatssprecherin Daniela Augenstein (SPD) entsandte einen Mitarbeiter, um zu protokollieren, was CDU-Mann Czaja auf einer Diskussionsveranstaltung zur Flüchtlingspolitik sagt - dokumentiert wurde auch, welche Kleidung Czaja an diesem Tag trug. Erwähnt wurde etwa der Schlips ("gedeckt") und der Anzug ("dunkelblau").
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