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Donnerstag, 3. Dezember 2015

Wie vieler Artikel in den mainstream-media bedarf es eigentlich noch?

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/berlin-in-der-fluechtlingskrise-hauptstadt-des-versagens-a-1065828.html#

Überall in Deutschland gibt es Nöte in der Flüchtlingskrise - in Berlin ist die Lage besonders angespannt. Die Behörden bekommen das Chaos nicht in den Griff, die Große Koalition in der Hauptstadt steht kurz vor dem Zerfall.


Die erste Anlaufstelle für Flüchtlinge in Berlin, das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), macht seit Monaten Negativ-Schlagzeilen: Der kleine Junge Mohamed, der auf dem Gelände entführt und später ermordet wurde, Sicherheitsleute, die Flüchtlinge prügeln oder mit Nazi-Sprüchen gegen sie hetzen, Asylbewerber, darunter schwangere Frauen und kleine Kinder, die nächte- und tagelang im Freien warten, um endlich zu einem Behördenmitarbeiter vorgelassen zu werden. Manche meinen, es sei nur den vielen Ehrenamtlichen zu verdanken, dass die Stimmung nicht vollends kippt - und dass es nicht bereits erste Kältetote gab.

Selbst die "New York Times" hat jüngst über die Zustände am Lageso berichtet, die Situation als "geradezu gefährlich" beschrieben. Grünen-Politikerin Claudia Roth schickte nach einem Besuch beim Lageso einen Brandbrief an Berlins Oberbürgermeister Michael Müller (SPD).
Beim Lageso selbst sieht man die Lage natürlich anders: Die Erstregistrierung der Flüchtlinge werde inzwischen innerhalb eines Tages vollzogen. Schwangere und kleine Kinder müssten nicht mehr anstehen. Es sei längst kommuniziert worden, dass es ausreiche, wenn der Haushaltsvorstand zum Termin mit dem Amt erscheine, heißt es.
Die Verantwortung wird gerne abgeschoben: Flüchtlinge würden eben immer noch Gerüchten glauben. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) gibt dem Bund eine Mitschuld für die Warteschlagen am Lageso, weil der festgelegt hat, dass Taschengeld nicht mehr Monate im Voraus ausgezahlt werden darf.
Inzwischen hat - nach vielen Monaten unhaltbarer Zustände - der Berliner Senat reagiert. Es soll eine neue Flüchtlingsbehörde geschaffen werden. Wie mitten in der Krise der Neuaufbau organisiert werden soll und was dann besser laufen soll, ist ungewiss. Bis das neue Amt funktionstüchtig ist, wird es Monate dauern.


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.

Es kommen derzeit deutlich weniger Flüchtlinge nach Deutschland - aber Berlin spürt von dem Rückgang nicht viel. 589 neue Asylsuchende trafen etwa an diesem Dienstag ein.
Die Bundeshauptstadt ist in der Flüchtlingskrise seit Monaten am Limit - so wie viele andere Länder und Städte auch. Doch in Berlin, diesen Eindruck muss man unweigerlich haben, ist das Chaos besonders groß. Statt an einem Strang zu ziehen, ist die regierende Große Koalition zerrüttet. Auch unter den Verwaltungsebenen gibt es Streit: Bezirke und Senat schieben sich die Schuld gegenseitig für das Versagen in der Flüchtlingskrise zu. Es hakt an allen Ecken und Enden.
  • Chaos am Lageso
Die erste Anlaufstelle für Flüchtlinge in Berlin, das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), macht seit Monaten Negativ-Schlagzeilen: Der kleine Junge Mohamed, der auf dem Gelände entführt und später ermordet wurde, Sicherheitsleute, die Flüchtlinge prügeln oder mit Nazi-Sprüchen gegen sie hetzen, Asylbewerber, darunter schwangere Frauen und kleine Kinder, die nächte- und tagelang im Freien warten, um endlich zu einem Behördenmitarbeiter vorgelassen zu werden. Manche meinen, es sei nur den vielen Ehrenamtlichen zu verdanken, dass die Stimmung nicht vollends kippt - und dass es nicht bereits erste Kältetote gab.
Flüchtlinge warten vor dem Lageso in Berlin Zur Großansicht
DPA
Flüchtlinge warten vor dem Lageso in Berlin
Selbst die "New York Times" hat jüngst über die Zustände am Lageso berichtet, die Situation als "geradezu gefährlich" beschrieben. Grünen-Politikerin Claudia Roth schickte nach einem Besuch beim Lageso einen Brandbrief an Berlins Oberbürgermeister Michael Müller (SPD). Beim Lageso selbst sieht man die Lage natürlich anders: Die Erstregistrierung der Flüchtlinge werde inzwischen innerhalb eines Tages vollzogen. Schwangere und kleine Kinder müssten nicht mehr anstehen. Es sei längst kommuniziert worden, dass es ausreiche, wenn der Haushaltsvorstand zum Termin mit dem Amt erscheine, heißt es.
Die Verantwortung wird gerne abgeschoben: Flüchtlinge würden eben immer noch Gerüchten glauben. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) gibt dem Bund eine Mitschuld für die Warteschlagen am Lageso, weil der festgelegt hat, dass Taschengeld nicht mehr Monate im Voraus ausgezahlt werden darf.
Inzwischen hat - nach vielen Monaten unhaltbarer Zustände - der Berliner Senat reagiert. Es soll eine neue Flüchtlingsbehörde geschaffen werden. Wie mitten in der Krise der Neuaufbau organisiert werden soll und was dann besser laufen soll, ist ungewiss. Bis das neue Amt funktionstüchtig ist, wird es Monate dauern.
  • Streit um Massenunterkünfte
Es fehlt ständig an Schlafplätzen für Flüchtlinge - Berlin setzt in der Not auf Massenunterbringungen. Das birgt oft zusätzliche Risiken. Am Wochenende gingen etliche Flüchtlinge in den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof, teils mit Messern und Eisenstangen, aufeinander los. Dass die Stimmung gereizt ist, liegt wohl auch daran, dass es in den Hangars am Elementaren fehlt. Es gibt dort nur zehn Notduschen für weit mehr als 2000 Flüchtlinge. Um sich zu waschen, werden die Asylsuchenden mit Shuttlebussen ins Schwimmbad gebracht. Jetzt soll sich endlich was ändern: In der nächsten Woche sollen 150 Duschen fertig sein.
Auch der Betreiber "Tamaja" der Tempelhofer Unterkunft äußert scharfe Kritik an den Behörden. "Ursprünglich ging es darum, Flüchtlinge vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, sie sollten nicht länger als zwei Wochen bleiben", sagt eine Sprecherin. Viele Flüchtlinge müssen aber deutlich länger bleiben.
Flüchtlingskind im das Hangargebäude 1 im ehemaligen Flughafen Tempelhof Zur Großansicht
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Flüchtlingskind im das Hangargebäude 1 im ehemaligen Flughafen Tempelhof
In weiteren Hangars in Tempelhof sollen noch mehr Flüchtlinge einziehen, bis zu 5000 - und auch andere Massenunterkünfte sind geplant. Die Opposition unterstellt der Regierung fehlenden Willen bei der Suche nach Alternativen: Es gebe seit Langem eine Liste geeigneter kleinerer, leerstehender Gebäude.
  • Ärger um Turnhallen
Der Senat sieht keine andere Möglichkeit, als Flüchtlinge weiterhin in Turnhallen von Schulen unterzubringen. Dagegen regt sich zunehmend Widerstand - auch bei den Bürgern. Zuletzt soll der Senat Berichten zufolge mit einer Entmachtung der Bezirke gedroht haben, wenn diese nicht schnell weitere Hallen zur Verfügung stellen.
Wie absurd es im konkreten Fall laufen kann, zeigt das Beispiel Steglitz-Zehlendorf: Laut "Berliner Morgenpost" benannte der Bezirk jüngst zwei weitere Sporthallen. Schon einen Tag später wurden dort die ersten Flüchtlinge vorgefahren - aber in der Halle gab es weder Möbel noch einen Betreiber oder Sicherheitsdienst. Die Folge: Die Flüchtlinge mussten wieder abgeholt werden.
  • Der fehlende Überblick
65.000 Flüchtlinge hat das Land Berlin in diesem Jahr aufgenommen, aber es gibt nur rund 35.000 Unterbringungsplätze. Wo ist der Rest der Flüchtlinge geblieben? Eine Erklärung dafür hat - auch bei den Behörden - niemand so richtig. Manche mögen schon in regulären Wohnungen leben, und die Diskrepanz könne an Doppelt- und Dreifachregistrierungen liegen oder daran, dass viele Flüchtlinge weiterreisen oder privat untergebracht worden sind, heißt es. Unklar ist, wie viele Flüchtlinge ohne Obdach sind.

  • Zoff in der Regierung
Im Ringen um das Management der Flüchtlingskrise steht die regierende Große Koalition vor der Zerreißprobe. In einer Brandrede legte der Regierende Bürgermeister Müller (SPD) jüngst seinem Sozialsenatoren Czaja (CDU) indirekt den Rücktritt nahe.
Zuletzt fand die Auseinandersetzung einen grotesken Höhepunkt in einer "Spitzelaffäre". Senatssprecherin Daniela Augenstein (SPD) entsandte einen Mitarbeiter, um zu protokollieren, was CDU-Mann Czaja auf einer Diskussionsveranstaltung zur Flüchtlingspolitik sagt - dokumentiert wurde auch, welche Kleidung Czaja an diesem Tag trug. Erwähnt wurde etwa der Schlips ("gedeckt") und der Anzug ("dunkelblau").

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