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Mittwoch, 9. Dezember 2015

Offener Brief zur medizinischen Versorgung im MedicalPoint am LaGeSo in Berlin



Offener Brief zur medizinischen Versorgung im Medipoint am LaGeSo

An
·        Dr. Koska / Serah Can, Caritas
·        Dr. Seybold, Charite
·        Herrn Allert, LaGeSo
·        Verwaltung des Senats, Senator Czaja
·        Dr. G. Jonitz, Ärztekammer
·        RBB online
·        Moabit hilft

Seit August arbeiten täglich in 2 Schichten Ärzte und medizinische Helfer unterschiedlicher Fachrichtungen ehrenamtlich (EA) in der Betreuung von Flüchtlingen, die auf dem Gelände des LaGeSo Tag und Nacht in unterschiedlichen Warteschlangen sich befinden, bis zu einem Drittel davon sind Kinder. Ein Teil der Patienten ist krank, oder werden es – durch die Wetterbedingungen und den engen Kontakt mit anderen. Viele Patienten sind noch nicht registriert. Sie haben somit keinen Anspruch auf Teilhabe am regulären ambulanten Gesundheitssystem. Sie sind auf die Versorgung wie im Medipoint angewiesen.

Viele Patienten sind bereits registriert, haben den grünen Krankenschein, wissen aber oft gar nicht was sie damit anfangen können. Sie müssen meist in verschiedenen Schlangen anstehen (z.B. Leistungsabteilung) und nutzen das Warten um ihre Gesundheitsprobleme im Medipoint vorzustellen. Durch das Missverhältnis zwischen Andrang und der Bearbeitung werden viele Menschen nach stundenlangem Warten auf einen Termin an einem anderen Tag vertröstet, auch für einfache Leistungen wie das Verlängern des grünen Krankenscheins.

Inzwischen haben sich die räumlichen und logistischen Arbeitsbedingungen für die Ärzte/Helfer im Haus M erheblich verbessert. Das ist zweifelsfrei durch die Beteiligung der Charité erreicht worden. Die Zahl der Ärzte, die von der Charité und der Bundeswehr bereitgestellt werden reicht jedoch nicht aus, um auf die ehrenamtlich tätigen Ärzte/Helfer verzichten zu können. Besonders bei den Kinderärzten besteht großer Bedarf, der durch die Charité nicht gedeckt wird. Der Hintergrund ist die prekäre Personalsituation in den Kinderkliniken der Charité, die es nicht erlaubt, Kinderärzte abzustellen für die Arbeit im LaGeSo.

Einzelne Ärzte wurden von der Leitung der Charité angesprochen, in Honorartätigkeit für die Charité im Medipoint tätig zu werden. Dennoch gibt es immer noch ein Nebeneinander von Ärzten, die als Angestellte für die selbe Tätigkeit honoriert werden, andere jedoch nicht.

Inzwischen ist die Arbeit für Ärzte und medizinische Helfer am LaGeSo extrem erschwert. Die Versorgung akuter Erkrankungen wird verdrängt durch sogenannte "Härtefälle alt“ - Patienten die schon seit Wochen auf die Registrierung warten und immer wieder anstehen müssen, um zur Registrierung zu gelangen. Sie werden vom Wachpersonal am Eingang  zum Medipoint geschickt, um von uns eine Härtefallbescheinigung zu bekommen, die bestätigt dass die Erkrankung eines Familienmitglieds oder die eigene eine besondere Härte darstelle, die ein Warten in der Schlange unzumutbar macht. Viele dieser Begehren sind aus medizinischer Sicht berechtigt, wir sind gehalten, nicht berechtigte Nachfragen auszusortieren nach Kriterien, die von der Caritas/Behörde vorgegeben werden.

Unser Problem ist – da wir die medizinisch berechtigen Härtefälle an die Caritas weiterleiten – dass in oft täglich wechselnden Regelungen überhaupt keine bis wenige, manchmal bis 10 Fälle zur Vorstellung über die MitarbeiterInnen der Caritas als Härtefall zugelassen werden. Dies ist eine völlig willkürliche Regelung, die mit ärztlichem Ethos und Handeln nicht vereinbar ist. Die Ärzte werden z.T. genötigt, keine Härtefälle zu definieren oder sie erhalten keine Gelegenheit, die Fälle vorzutragen. Wir wissen, dass nicht die Caritas, sondern das LaGeSo mit der beschränkten Bearbeitungskapazität (derzeit max. 130 Fälle pro Tag) die Ursache dieses Problems ist. Der Umgang mit den sich abspielenden menschlichen Tragödien wird von der Behörde einfach weitergereicht.

Zusätzlich werden die Mitarbeiter der Caritas und die Ärzte und medizinische Helfer von Patienten immer wieder massiv unter Druck gesetzt, ihnen zu helfen, ihre Belange beim LaGeSo vorzubringen. Keinem der Ärzte ist es je gelungen seine Argumente einem Mitarbeiter des LaGeSo persönlich vorzutragen. Nie gibt es eine Rückfrage von dort sondern die MitarbeiterInnen der Caritas sind allein dem Druck von allen Seiten ausgeliefert. Ein unhaltbarer Zustand. 
Durch unsere Arbeit haben wir bisher den Zustand versucht für die Patienten am LaGeSo abzufangen, um die größten medizinischen und humanitären Missstände für die Menschen erträglicher zu machen. 

Dazu sind wir nicht mehr bereit.

Wir fordern deshalb von der Leitung des LaGeSo, und dem Senat Berlin:

     Menschliche, rasche und in den Abläufen sinnvolle Registrierung der Flüchtlinge
     Einfacher und rascher Zugang zu den Leistungsabteilungen des LaGeSo
     Gesundheitsversorgung entsprechend der UN-Menschen- und Kinderrechtskonvention für alle Flüchtlinge, unabhängig vom Registrierungsstatus
     eine solide Versorgung der Schwangeren mit Schwangerschaftsvorsorge nach nationalem Standard, d.h. Gynäkologen und Hebammen am LaGeSo
     Versorgung aller Flüchtlinge mit medizinischer Eingangsuntersuchung und  Impfung entsprechend empfohlenen Standards
     die sofortige Einführung der Gesundheitskarte, die mit der Erstregistrierung allen eine Teilnahme an der öffentlichen Gesundheitsversorgung ermöglicht 

Überführung der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen aller Berufe in ein ordentliches Angestelltenverhältnis oder ein Honorarverhältnis, oder zusätzliche Stellen der Charité für die nötigen Fachgruppen.


Unterschriften

Theodor Michael
Hartmut Wollmann

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